Verbreitete Ernährungsmythen
All die Informationen zum Thema Ernährung machen es schwer, den Überblick zu behalten und zwischen Wahrheit und Mythos zu unterscheiden. Steckt vielleicht auch ein wenig Wahrheit hinter verbreiteten Fehlannahmen und wo haben wir es nur mit leeren Marketingbegriffen zu tun? Deshalb haben wir unseren leitenden Ernährungsexperten gebeten, einigen der häufigsten Mythen auf den Grund zu gehen.
Mythos 1: Verzichte auf Kohlenhydrate, um Körperfett zu reduzieren.
Der Verzicht auf zuckerhaltige und stark verarbeitete kohlenhydratreiche Nahrungsmittel mag den Abbau unerwünschten Körperfetts unterstützen, doch das ist nur eine Seite der Medaille. Ballaststoff- und stärkehaltige kohlenhydratreiche Nahrungsmittel sind ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Ihr regelmäßiger Verzehr fördert das Sättigungsgefühl und hilft dabei, Überernährung zu vermeiden. Wenn du abnehmen willst, solltest du die Portionsgrößen kohlenhydratreicher Lebensmittel zwar beschränken, aber nicht vollständig darauf verzichten.
Mythos 2: Wenn du Mahlzeiten auslässt, nimmst du schneller ab.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Nehmen wir folgendes Beispiel: Ein übergewichtiger LKW-Fahrer, der tagsüber während einer langen Fahrt nicht viel isst, kommt abends nach Hause und nimmt eine sehr reichhaltige Mahlzeit zu sich. Sicher spielt auch der Bewegungsmangel eine Rolle beim Übergewicht, der Hauptgrund sind jedoch die fehlenden Mahlzeiten.
Bleibt das Essen aus, wechselt der Körper in den „Fastenmodus“ und die Stoffwechselrate kann sich verlangsamen, um Energie zu sparen. Ein langsamer Stoffwechsel bedeutet, dass Energie nicht ausreichend schnell verbraucht wird und die Wahrscheinlichkeit steigt, diese in Form von Fett zu speichern, statt vorhandenes Fett zu verbrennen. Wenn du abnehmen willst, ist es unerlässlich, dass du am Tag drei bis vier (je nach Aktivität) kleine, regelmäßige Mahlzeiten zu dir nimmst, die jeweils Protein und ballaststoffhaltige Kohlenhydrate enthalten.
Mythos 3: „Fettarme“ oder „fettfreie“ Nahrungsmittel sind besser für dich.
Schon seit den 1970ern wird uns eingeredet, Fett sei „schlecht“ für die Gesundheit, und es gab Kampagnen, die uns dazu bringen sollten, weniger Fett zu uns zu nehmen. Das geschieht auch heute noch, wobei eine veraltete Lebensmittelkennzeichnung häufig Fett als schlechten Nährstoff darstellt. Fett ist nicht schlecht! Wir brauchen Fett. Eine angemessene Menge der richtigen Fettarten bei jeder Mahlzeit ist essenziell für eine ausgewogene Ernährung. Außerdem solltest du bei als „fettarm“ ausgewiesenen Snacks vorsichtig sein, da sie oft mehr Zucker enthalten, als ihre nicht fettreduzierten Äquivalente. Hier erfährst du mehr über Fette.
Mythos 4: Bestimmte Nahrungsmittel helfen beim Abnehmen.
In gewisser Hinsicht ist dies eigentlich kein Mythos, da proteinreiche Nahrungsmittel pro Gramm einen stärkeren thermogenen Effekt aufweisen als Nahrungsmittel, die mehr Kohlenhydrate oder Fett enthalten. Protein und Fett sind sättigender als Kohlenhydrate, während Ballaststoffe für ein anhaltendes Sättigungsgefühl sorgen und dem Verzehr kalorienreicher Snacks vorbeugen. Aus dieser Perspektive betrachtet können dich einige Nahrungsmittel indirekt beim Abnehmen unterstützen.
Allerdings gibt es keine Nahrungsmittel, die wirklich ein Kaloriendefizit und eine Gewichtsabnahme hervorrufen. Es existiert eine Theorie über negative Kalorien und einige ballaststoffreiche Nahrungsmittel wie Sellerie, die kaum Eiweiß, Fett und verwertbare Kohlenhydrate enthalten. Die Theorie besagt, dass der Verdauungsapparat Energie verbraucht, um diese Nahrungsmittel zu verarbeiten, wobei die verbrauchte Energiemenge größer ist als die Energiezufuhr durch besagte Nahrungsmittel.
Leider ist das nicht korrekt, da auch Ballaststoffe etwas Energie liefern (etwa 2 kcal pro Gramm Ballaststoffe im Vergleich zu 4 kcal pro Gramm Kohlenhydrate). Das bedeutet, aus Nahrungsmitteln wie Sellerie gewinnt der Körper, wenn auch in geringer Menge, Energie, womit die Theorie der negativen Kalorien widerlegt wäre. Was aber nicht heißen soll, dass Nahrungsmittel wie Sellerie dich nicht hervorragend bei der Gewichtsabnahme unterstützen können – sie sind mit Sicherheit eine ausgezeichnete Wahl. Nur wird das Verspeisen einer Ladung Sellerie keine direkte Gewichtsabnahme zur Folge haben.
Mythos 5: Snacks sind schlecht für dich.
Auch wenn übermäßiges Snacken nicht zu empfehlen ist, können Snacks in Maßen – und mit der richtigen Snack-Auswahl – eine praktische Methode sein, um zusätzliche Nährstoffe aufzunehmen und unerwünschte Hungerattacken zu vermeiden.
Mythos 6: Verzichte auf dein Lieblingsessen, wenn du abnehmen willst.
Wenn du abnehmen willst, musst du auf kein Nahrungsmittel vollständig verzichten. Nimmst du dein Lieblingsessen in Maßen zu dir, kann dir das dabei helfen, deinen Abnehmplan einzuhalten. Natürlich hängt die Menge davon ab, was dein Lieblingsessen ist. Je nach Kaloriengehalt solltest du die Menge entsprechend anpassen.
Mythos 7: Zähle jeden Tag deine Kalorien, damit du die richtige Menge isst.
Die Ernährungsenthusiasten unter uns finden es vielleicht nützlich, den Kaloriengehalt verschiedener Nahrungsmittel zu kennen, Kalorienzählen ist jedoch nicht nötig. Du verbrauchst schließlich nicht jeden Tag dieselbe Energiemenge. Außerdem sagt der Brennwert von Nahrungsmitteln nur wenige über ihren Nährwert aus. Nahrungsmittel mit ähnlichem Kaloriengehalt können große Unterschiede im Nährstoffprofil und Sättigungseffekt aufweisen.
Mythos 8: Essen vor dem Zubettgehen macht dick.
Wenn du vor dem Zubettgehen isst, wirst du nicht dick! Allerdings ist es nicht empfehlenswert abends zu viel zu essen, da es sich ungünstig auf die Verdauung auswirkt, wenn du dich mit vollem Magen ins Bett legst. Außerdem ist unsere Stoffwechselrate morgens im Allgemeinen höher und abends geringer, was mit der Produktion von Stoffwechselhormonen wie Insulin zusammenhängt. Daher solltest du am besten über den Tag verteilt essen.
Mythos 9: Obst ist schlecht für dich, weil es so viel Zucker enthält.
Von Obst ist noch niemand dick geworden! Zucker hat nur bei übermäßigem Verzehr negative Auswirkungen. Obst enthält natürlichen Zucker in Form von Fructose, die anders verstoffwechselt wird als Glucose. Außerdem ist Obst reich an Ballaststoffen, die die Verdauung von Nahrungsmitteln verlangsamen, und steckt voller verschiedener Vitamine, Mineralstoffe und Phytonährstoffe.
Mythos 10: Wer regelmäßig Sport treibt, braucht eine proteinreichere Ernährung.
Wer hart trainiert, muss eventuell mehr essen, um den erhöhten Energiebedarf zu decken (natürlich nur, wenn keine Gewichtsabnahme angestrebt wird). Mit der größeren Nahrungsmenge steigt automatisch auch die Proteinzufuhr. Diese Steigerung ist ausreichend, insbesondere wenn man bedenkt, dass die westliche Ernährung im Allgemeinen mehr Protein enthält als nötig. Du musst deine Proteinzufuhr ganz bestimmt nicht stärker erhöhen, als du es mit mehr Essen bereits tust.
Mythos 11: Eine vegane Ernährung liefert nicht genug Eiweiß.
Früher war es für Veganer tatsächlich schwer, genügend Eiweiß zu sich zu nehmen, und sie mussten die Nahrungsmittel für jede Mahlzeit sorgfältig auswählen. Der moderne Veganer hat es dagegen leicht: Eine ausreichende Eiweißzufuhr ist kein Problem, da eine Vielzahl proteinreicher pflanzlicher Produkte zur Auswahl stehen, beispielsweise Tofu, Hummus, Tempeh, Desserts auf Sojabasis, vegane Proteinpulver und Huel. Mit mehr als einer pflanzlichen Eiweißquelle pro Mahlzeit wird der Bedarf an sämtlichen Aminosäuren zuverlässig gedeckt. Mehr über Proteinqualität kannst du hier nachlesen.
Mythos 12: Vegane Ernährung kann beim Abnehmen helfen.
Vielleicht! Aber dabei kommt es in erster Linie darauf an, was du isst. Wenn du von einer minderwertigen omnivoren Ernährung auf eine pflanzliche Diät umstellst, bedeutet das meist, dass du genauer auf die Auswahl deines Essens achtest. Allerdings ist eine vegane Ernährung nicht gelichbedeutend mit Gewichtsabnahme. Isst du zu viel, nimmst du auch nicht ab. Weiterhin kann eine vegane Ernährung etwas kohlenhydratlastig sein, wenn sie nicht richtig geplant wird. Viele kalorienreiche Nahrungsmittel (wie Haferkekse) sind zudem auch bei veganer Ernährung zulässig.
Mythos 13: Detox-Diäten sind wohltuend und ein Neustart für den Körper.
Wenn ich das schon höre! Was soll „Detox“ überhaupt bedeuten? Und „neu starten“ kann man seinen Computer, aber doch nicht den menschlichen Körper! Sofern du ordnungsgemäß funktionierende Nieren besitzt, entgiftet sich dein Körper jeden Tag selbst. Wenn du einen Artikel über sogenannte „Detox-Diäten“ siehst, lies ihn gar nicht erst!
Mythos 14: Glutenfreie Ernährung ist gesünder.
Wenn du nicht an Zöliakie oder einer der anderen seltenen Erkrankungen leidest, die eine echte Glutenintoleranz zur Folge haben, ist Gluten nicht „schlecht“ für dich. Gluten ist ein Eiweiß, das von Natur aus in Weizen, Roggen und Gerste vorkommt. Für die allermeisten von uns ist es völlig unproblematisch und trägt zur täglichen Proteinzufuhr bei. Hier erfährst du mehr über Gluten.
Mythos 15: Kaffee ist schlecht für dich.
Bis vor kurzem schienen Ärzte der Meinung zu sein, dass Kaffee schädlich ist. Ich weiß nicht genau, wo diese Ansicht herkommt. Es ist zwar vernünftig, nicht zu viel Koffein zu konsumieren, dafür enthält Kaffee eine Reihe von Phytonährstoffen und Antioxidantien in großer Menge und ist ein hervorragender Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Eventuell solltest du deinen Kaffeekonsum begrenzen, wenn du empfindlich auf Koffein reagierst, ansonsten kannst du drei bis fünf Tassen am Tag genießen. Lies hier unseren Artikel über gesundheitliche Vorteile von Kaffee.
Mythos 16: Salz ist schlecht für dich.
Salz besteht aus den zwei Elektrolyten Natrium und Chlorid, die beide für grundlegende Körperfunktionen, wie etwa den Flüssigkeitshaushalt, unverzichtbar sind. Problematisch ist lediglich eine zu salzreiche Ernährung, die mit Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Schlaganfällen in Verbindung gebracht wird. Achte auf einen maßvollen Salzkonsum, verzichte aber nicht komplett darauf.
Mythos 17: Man braucht Milch und Milchprodukte, um genug Calcium zu sich zu nehmen.
Calcium ist essenziell für die Knochen- und Zahngesundheit sowie die Muskelkontraktion. Besonders wichtig ist eine gute Calciumversorgung während der Phasen der Knochenbildung, das heißt als Baby und dann noch einmal von der Pubertät bis zum Alter von etwa 30 Jahren. Das gilt vor allem für Frauen. Calciummangel in diesen Phasen kann in späteren Jahren Osteoporose nach sich ziehen. Milchprodukte sind reich an Calcium, aber falls du auf sie verzichtest, kannst du deinen Calciumbedarf auch decken, indem du einige der folgenden Nahrungsmittel in deinen Speiseplan aufnimmst: pflanzliche Milch (z. B. aus Soja, Hafer, Mandeln) mit Calciumzusatz, Nüsse, Körner, dunkelgrüne Gemüsesorten, Linsen, fettreicher Fisch mit essbaren Gräten sowie Huel.